Fliegen, Genuss und ein bisschen Kultur - vier Tage Frankreich

Der Sommer zeigt sich an diesem Junitag leider nicht von seiner besten Seite: gerade mal 16 Grad, leichter Regen, tief hängende graue Wolken und die Vorhersage spricht von knackigen Böen bis zu 30kt. So hatten wir uns eigentlich den Start in die sommerliche Frankreich-Leserreise eines bekannten Pilotenmagazins nicht vorgestellt. Vor uns liegt eine viertägige Reise, die uns bis in en Südwesten Frankreichs führt. Beeindruckende Landschaften von den Vogesen über das Zentralmassiv bis zum Vorland der Pyrenäen, sehr gutes Essen, ein wenig Kultur und der Besuch des Airbus-Werks in Toulouse erwarten uns.

In Colmar treffen wir die übrigen Teilnehmer der Reise, von wo es weiter nach Aurillac in der Auvergne geht. Nach der Übernachtung dort steht für den zweiten Tag der Weiterflug nach Auch im Vorland der Pyrenäen auf dem Programm. Am dritten Tag bleiben unsere Flieger am Boden und genießen das Programm am Boden, auf das ich weiter unten eingehen werde, bevor es am vierten Tag wieder in Richtung Heimat geht.

Trotz des Wetters machen sich mein Vater und ich auf den Weg zum Flugplatz, um vor Ort die Lage zu checken. Dort regnet es zwar auch etwas aus tiefen Wolken, aber von Böen ist erfreulicherweise nichts zu sehen und „da hinten“ wird es auch etwas heller. Also schieben wir unseren Flugplan nach Colmar um 30min nach hinten, was uns aber weiterhin noch genug Zeit gibt, um rechtzeitig den ersten Stopp unserer Reise zu erreichen.

Kurz nach dem Start haben wir schnell über die sympathisch klingende Controllerin bei Radar unseren IFR-Pickup bekommen und wenig später waren wir auch schon über der regnerischen Wolkenschicht in Richtung Südwesten unterwegs. Wirklich sommerlich ist es in Colmar leider auch noch nicht, aber die Stimmung ist nach der Landung schon deutlich besser. Neben dem Kennenlernen der anderen Teilnehmer der Reise steht hier nun ein Briefing für das nächste Leg nach Aurillac in der Auvergne an und ein obligatorischer Imbiss, um uns für den gut zweieinhalbstündigen Flug zu stärken.

Wenig später sind dann alle Flieger unserer Gruppe wieder auf dem Weg. Aufgrund der Wolkendecke haben sich die VFR-Flieger nach dem Start für einen direkten Südkurs entschieden, um über die Burgundische Pforte das höher gelegene Terrain zu umfliegen. Der andere Teil, zu dem auch wir gehören, hat sich für den direkten Weg über die Vogesen via IFR entschieden. Auch hier ist die Wolkendecke nicht allzu dick, so dass wir bald in FL100 im schönsten Sonnenschein on-top unterwegs sind und sich nun das ersehnte Urlaubsfeeling einstellt. Die nach Südwesten zunehmenden Wolkenlöcher lassen immer wieder spannende Blicke auf die Fliegernation Frankreich zu. Beeindruckend ist über die ganze Reise hinweg die Menge an top ausgestatteten Flugplätzen, die in vielen Fällen nicht nur prima ohne Flugleiter auskommen, sondern auch häufig 24h angeflogen werden können. Und überhaupt ist das Fliegen in unserem Nachbarland mehr als angenehm: VFR und IFR-Verkehr ist hier häufig auf der gleichen Frequenz unterwegs, so dass Flugregelwechsel, aber auch die gesamte Kommunikation und Abstimmung - auch hinsichtlich der in Frankreich vielfach vorhandenen Sperrgebiete - problemlos funktionieren. Etwa 30min vor Aurillac, unserem heutigen Ziel, sind wir dann auch auf VFR gewechselt, um mehr und unkomplizierter die Region des Zentralmassivs von oben zu beobachten - beeindruckend. Nach der Landung bei tollem Sonnenschein und malerischen kleinen Wolken erwartet uns statt des Landebiers noch direkt auf dem Vorfeld ein Glas Rotwein, mit dem der gemütliche Teil des Tages startet. Anschließend steht mit dem Besuch einer Burg mit fachkundiger Führung Kultur auf dem Programm. Zum geselligen Abschluss des ersten abwechslungsreichen Tages geht es wieder zurück zum Flugplatz, wo uns das Restaurant des lokalen Fliegerclubs zum 3-Gänge Menü erwartet. Nach dem wirklich sehr schmackhaften Essen und dem passenden französischen Wein war klar, dass sich der Weg mehr als gelohnt hat. Meine anfänglichen Skepsis, ob denn die Teilnehmer einer solchen Reise auch einigermaßen zusammen passen - immerhin ist das ja auch eine Art Blind-Date - sind verflogen.

Der zweite Tag unserer Reise beginnt dann leider mit ordentlichem Landregen. Am Flughafen angekommen, entscheiden wir uns dann gemeinschaftlich, den Durchzug einer Regenfront abzuwarten. Zwar bietet der Flugplatz Aurillac tägliche Linienverbindung mit einer ATR nach Paris, aber der Unterhaltungswert des Terminals ist dann doch leider nicht allzu hoch. Erfreulicherweise haben die Prognosen aber recht behalten: nach 2 Stunden geht es wieder in die Luft und der rund einstündige Flug nach Auch in der Gascogne bietet landschaftlich über den ganzen Flug hinweg Abwechslung. Insbesondere der mäandrierende Fluss Lot mit seinen beeindruckenden schroffen Felswänden wird in Erinnerung bleiben. Kurz vor der Landung ist dann nochmal höchste Konzentration gefordert, da der Wind direkt quer zur Bahn steht und die Bäume für anspruchsvolle Verwirbelungen sorgen. Aber alle Mitglieder unserer Gruppe bringen Ihre Maschinen sanft auf der 1.900m langen Bahn von LFDH runter. Kaum auf dem Vorfeld angekommen, begrüßt uns schon der ungeduldig wartende Wirt der weithin bekannten Flugplatzkneipe mit einem lauten Schrei: „A la table!“ Traditionell beginnt das reichhaltige Essen mit einem Glas Floc, einem süßen Wein, der als regionale Spezialität gilt. Eine geschmackliche Bewertung des Floc überlasse ich jedem selber. Mit gut gefülltem Bauch geht es dann mit einem kleinen Bus ins typisch französische Städtchen, wo unser Hotel de France natürlich direkt zentral neben Rathaus, Bistro und Kathedrale gelegen auf uns wartet.

Der folgende Samstag ist zwar ein flugfreier Tag, aber kein flugzeugfreier Tag: direkt nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg nach Toulouse, um das Airbus-Werk und das zugehörige Museum zu besuchen. Neben dem Blick in die Historie von Airbus und den verschiedenen Entwicklungsstufen der Airbusfamilie ist auch der Blick hinter die Kulissen der Produktion mit dem Besuch der riesigen A380-Produktionshalle beeindruckend. Einen wunderbaren Gegenpol zum technisch geprägten Vormittag steht dann nachmittags mit dem Besuch eines Weinguts auf dem Programm. Hier werden wir von der Winzerstochter persönlich durch den Weinkeller geführt und in die Besonderheiten des Armagnac, dem edlen Bruder des Cognacs, eingeführt. In Mitten der sanft-hügeligen Landschaft mit den saftig grünen Weinreben gelegen, lässt der Besuch auf dem Weingut uns in eine andere entspannte Welt eintauchen; ein kleiner Kurzurlaub für sich. Aber leider ist dieser Ausflug auch bald wieder zu ende. Am letzten Abend der gemeinsamen Reise treffen wir uns im klassisch französischen Speisesaal unseres Hotels zum einem ausgelassenen Abendessen mit regionalen Spezialitäten, bevor es am nächsten Morgen individuell weiter geht. Eine Crew aus unserer Runde wird noch eine weitere Woche mit ihrer Maschine Frankreich und seine Atlantikküste erkunden. Auf dem Rückweg, der in Richtung Nord-Osten uns nicht nur einmal durch IMC führt, denke ich fast ein wenig neidisch an die beiden Fliegerkameraden auf ihrem Weg ans Wasser.

Zufrieden und entspannt genießen wir den Rückflug ins Rhein-Main-Gebiet und lassen noch mal die letzten Tage Revue passieren. Was ich für mich auf jeden Fall festhalten kann: Fliegen in Frankreich ist trotz der für manchen abschreckend wirkenden Luftraumstruktur doch recht entspannt; auf den Flugplätzen haben wir alle zusammen mit allen Menschen, die uns begegnet sind, nur positive Erfahrungen gemacht und ich bin froh im Frühjahr mit dem Instrument-Rating die nächste Stufe der fliegerischen Fähigkeiten genommen zu haben. Natürlich wäre die Reise auch nur nach VFR möglich gewesen, wie es auch drei Crews aus unserer Runde gemacht haben. Entspannter und bestimmt auch ein wenig sicherer war das eine oder andere Leg nach IFR aber auf jeden Fall. Insofern kann ich nur sagen: á bientôt.

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